001: Ehemaliges Neubauernhaus

Wenn Sie lieber hören als lesen, finden Sie hier eine dreiminütige Kurzvorstellung des Hauses durch die aktuelle Eigentümerin, Frauke Streubel.

Es handelt sich um ein sogenanntes Neubauernhaus von 1948. Zum einen herrschte nach dem Zweiten Weltkrieg große Wohnungsnot, zum anderen wurden auf dem Gebiet der DDR Landgüter mit mehr als 100 Hektar Land enteignet und das Land (plus ein solches Haus) wurde in kleinen Parzellen sogenannten Neubauern zugeteilt. Diese kurze Phase fand mit der Zwangskollektivierung zu LPGs (Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften) im Laufe der 50er Jahre ein Ende. Entsprechend sind Neubauernhäuser Zeugnis einer nur wenige Jahre dauernden Phase der Geschichte der ehemaligen DDR.

Das Haus ist ein sogenanntes Wohn-Stall-Haus. Der dem Weg zugewandte Teil des Hauses umfasst den Wohnteil. Ca. 2 Meter hinter dem Schornstein beginnt im Erdgeschoss der Stallteil, im Obergeschoss befand sich darüber ein Heuboden.

ObjektcodeD-OHV-001
BezeichnungNeubauernhaus
Baujahr1948
wichtige
bauliche
Infos
Wohn-Stall-Haus,
Satteldach
Sichtmauerwerk
Badanbau: 1980er Jahre
Stall heute noch weitgehend
in erbauungszeitlicher
Ausstattung
bauliche
Verän-
derungen
Fenster aus den 30er Jahren
aufwändige Fensterläden
zweitverwendete
Maschinen-Biberschwanz-
Dachziegel, 1930er Jahre
Nutzungs-
geschichte
1948 – 1988: Familie Wilde
1988 – 2002: Wochenendhaus
einer Familie aus Ostberlin
seit 2003: Wochendhaus einer
Familie aus Berlin
Adresse /
Kontakt
PDF
GrundrissPDF
Koordinaten52° 57′ 38.96″ N, 13° 14′ 08.73″ O
Daten

Ersteigentümer des Hauses waren die Eheleute Max und Gertrud Wilde, die Haus und Land im Rahmen der Bodenreform erhielten und hier in den 1950er und 1960er Jahren ihre insgesamt sieben Kinder großzogen.

Anfangs hatte das Haus weder fließend Wasser noch Strom (sic!). Beides wurde erst in den 50er Jahren ergänzt.

Die älteste Tochter erzählt, dass sie vor der Schule die Kuh zum Weiden auf die umliegenden Wiesen geführt hat. Im Stall ist der Holzpflock zum Anbinden der Kuh noch erhalten (Foto). Erst danach ging es zu Fuß los zur Schule.

Nach dem Tod von Frau Wilde kurz vor der Wende waren die Eigentumsverhältnisse 14 Jahre lang strittig. In dieser Zeit wurde das Haus von einer Ostberliner Familie als Wochenend- und Ferienhaus genutzt. Größere bauliche Maßnahmen wurden nicht durchgeführt. Die jetzigen Eigentümer übernahmen das Haus 2002 und sanierten es unter Einsatz historischer Bauelemente grundlegend, leider ohne den geschichtlichen Hintergrund dieses Neubauernhauses und ohne die Interessengemeinschaft Bauernhaus zu kennen. Entsprechend hat das Haus heute einen deutlich hochwertigeren Charakter als zur Erbauungszeit.

erbauungszeitlich (1948) mit Trocken-Toilette im Stall, kein fließendes Wasser (Pumpe bei der ehemaligen Schäferei in 500 Meter Entfernung), keine Eletrizität
Besonderheiten

Der Grundriss

Der Grundriss zeigt im Erdgeschoss im Giebel zum Weg hin zwei Wohnräume, eine früher nur von der Küche aus zugängliche Kammer sowie das Wohnzimmer. Die Küche war nach Süden ausgerichtet. Das heute in dem Anbau aus den 1980er Jahren untergebrachte Badezimmer gab es damals noch nicht. Im Obergeschoss gab es zwei sehr kleine Kammern (siehe Foto), in denen die Kinder schliefen.

Auf der Westseite befand sich im Erdgeschoss der Stall, darüber im Obergeschoss der Heuboden. Der Stall ist heute noch weitgehend mit der erbauungszeitlichen Ausstattung erhalten.

Sichtbare bauliche Details

Die Dacheindeckung besteht aus zweitverwendeten Maschinen-Biberschwanzziegeln aus den 1930er Jahren.

Die Fugen des vorhandenen Sichtziegelmauerwerks wurden ausgebessert.

Die Ziegel sind minderer Qualität (z.T. Fehlbrände oder beschädigt), was dem Mauerwerk einen sehr lebendigen Ausdruck gibt.

Bei den Fenstern handelt es sich um zweitverwendete Kastendoppelfenster aus den 1920er Jahren. Versehentlich wurden im Giebel unten die kleinen und oben die großen Fenster eingebaut.

Die Fensterläden waren erbauungszeitlich vermutlich einfache Bretterkonstruktionen und jedenfalls nicht farbig. Die jetzigen kassetierten, landhausgrünen Fensterläden verändern den Eindruck des Hauses leider stark. Es wirkt jetzt nicht mehr wie ein ehemaliges Neubauernhaus, sondern eher wie das Landhaus von Städtern, die sich hier den Traum vom Häuschen auf dem Lande realisiert haben – was letztlich ja auch genau so ist.

Die Umgebung

Das Preußisches Urmesstischblatt von 1822 zeigt die Lage an einem jahrhundertealten, baumbestandenen Verbindungsweg zwischen Badingen und Häsen, dessen letztes Stück vor Häsen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts untergepflügt wurde.

Heute führt der Weg nach Süden weiter zu der asphaltierten Verbindungsstraße zwischen Häsen und Klein-Mutz, überquert diese und setzt sich dann mit schönem altem Kopfweidenbestand fort bis nach Bergsdorf.

Der Garten

Bei der aktuellen Gestaltung des Gartens stehen die Gestaltung von verschiedenen Gartenräumen und Sichtachsen sowie die Verbindung zwischen Garten und umliegender Landschaft im Mittelpunkt.

Auf der Südseite wurde ein Bauerngarten als formales Element und Übergang zwischen Haus und Garten angelegt.

Davor befindet sich auf der Südseite eine ca. 6.000 qm große Weide, die zeitweise als Sommerweide für einige Schafe genutzt wird.

Die Vogelwelt

Häufige Arten: Feldsperling, Feldlerche, Hausrotschwanz, Gartenrotschwanz, Grauammer, Goldammer, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Star, Blaumeise, Kohlmeise, Bluthänfling, Stieglitz, Girlitz, Bachstelze, Schafstelze, Grünfink, Buchfink, Amsel (erst seit Mitte der 2010er Jahre), Ringeltaube, Eichelhäher, Mittelspecht, Rotmilan, Schwarzmilan, Bussard, Turmfalke

Seltene, bemerkenswerte Arten: Braunkehlchen (3 (Brut?)Paare in 2020), Schwarzkehlchen, Wendehals (Frühjahr 2020), Wiedehopf (September 2020), zwei Schreiadler (3 Tage im August 2020, Feldgehölzgruppe Richtung Süden), jährlich mehrfach Überflüge von einzelnen adoleszenten und adulten Seeadlern.

Die sonstige Tierwelt

Über viele Jahre lebten auf dem Grundstück in bzw. unter einem alten Holzhaufen am westlichen Rand im Wechsel eine Dachs- und eine Fuchsfamilie.

Da der Teich auf dem Grundstück die einzige ganzjährig verfügbare Wasserstelle der Umgebung ist, kommen viele Tiere, z.B. Füchse, Dachse und Fasane (und sehr viele verschiedene Singvögel), regelmäßig zum Trinken hierher und legen dabei regelrechte Wildwechsel durch das Grundstück an.

In der Umgebung gibt es viel Reh- und Damwild. Einzelne Rehe überwinden immer mal wieder den Wildschutzzaun, weil das Grün dahinter einfach leckerer ist. Es ist recht mühselig, sie aus dem Garten zu vertreiben, da sie den Weg nach draußen oft selbst nicht finden.

Ein Nachbar hat im Spätherbst Mitte der 2010er Jahre in der Abenddämmerung von seinem Grundstück aus drei Wölfe am Hellberger Weg gesichtet.