Gebautes kulturelles Erbe, das sind in der Wahrnehmung vieler Menschen Schlösser, Paläste, Kirchen und andere herrschaftliche Bauten. Die Wohn- und Wirtschaftsbauten „normaler“ Menschen (z. B. Bauernhäuser, Landarbeiterkaten, Weber- oder Fischerhäuser, Färbereien, Schmieden, Scheunen, Brauereien, Zechen) prägen zwar aufgrund ihrer Menge und ihrer Nutzung durch die Bewohner unser tägliches Lebensumfeld viel stärker als herrschaftliche Solitärbauten, werden oft jedoch nicht als historisch bedeutsam wahrgenommen. „Der schäbige alte Kasten in der Dorfmitte kann weg“ und wird allzu oft durch einen Neubau ersetzt. Damit gehen ortsbild- und kulturlandschaftsprägende Zeugnisse der Alltagskultur vergangener Zeiten verloren.

Überall in Europa (und der ganzen Welt) gibt es Initiativen bürgerschaftlichen Engagements, die sich diesem Trend entgegenstemmen und darauf abzielen, gebautes kulturelles Erbe auch über herrschaftliche Solitärbauten hinaus zu erhalten und bei breiteren Bevölkerungsschichten ein Bewusstsein für ihren kulturhistorischen und alltagsprägenden Wert zu entwickeln.

Denn gerade auch der Umgang mit Kunst und Kultur ist symptomatisch für den Zustand einer Gesellschaft: Während Kunst und Kultur bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts im wesentlichen den herrschenden Klassen vorbehalten waren, änderte sich das in den letzten 200 Jahren mit dem Erstarken des Bürgertums, und insbesondere in den letzten 50 Jahren, grundlegend.
In Reiseführern findet sich diese Entwicklung bei der Darstellung unseres gebauten kulturellen Erbes nur sehr bedingt wieder. Denn es ist einfacher und schneller, von anderen abzuschreiben und nur Kirche und Schloss aufzuführen. Der Heimatverein, der das alte Backhaus oder die Schmiede saniert hat und z.B. als Dorfgemeinschaftshaus betreibt, hat oft nicht die Mittel, um sich über das unmittelbare Umfeld hinaus Gehör zu verschaffen. Bei ausländischen Touristen mit fehlenden Kenntnissen der Landessprache kommt zudem häufig dazu, dass die Informationen nicht in Englisch verfügbar sind. Hier wollen wir helfen und unterstützen.

Bei der Bewahrung kulturellen Erbes geht es immer auch darum, was wahrgenommen wird, was wir für die Zukunft, für nachfolgende Generationen bewahren und Besuchern vorstellen wollen. Angesichts der heutigen Fülle von Kulturgütern müssen wir ständig auswählen und entscheiden, was es wert ist, für die Zukunft bewahrt zu werden und was nicht. Was es wert ist, vermittelt zu werden. Und was nicht.
In der Fülle des Wissens, das heute über das Internet im Prinzip nur einen Mausklick weit entfernt ist, ist es immer wieder verblüffend zu sehen, wie schwer der Zugang zur Alltagskultur eines Landes oder einer Region ist, wie wenig man abgesehen von einigen wenigen Leuchtturmprojekten zum gebauten kulturellen Erbe der Wohn- und Wirtschaftsbauten der „normalen“ Menschen findet. Das wollen wir mit unserem Projekt ändern.

Zudem wollen wir mit unserem Projekt eine andere Form von Tourismus fördern: Einen Tourismus, der einen tieferen Einblick in das Leben der Menschen vor Ort gibt. Und damit Denkanstöße zur Reflexion über das eigene Leben.
Und schließlich sind wir davon überzeugt, dass es auch etwas mit den Beteiligten macht, wenn man Teil eines großen Netzwerks Gleichgesinnter ist, das eigene Haus vorstellt, sich einbringt.
